Arbeitsmedizin

Fachbereich Arbeitsmedizin

Arzt aus dem Fachbereich Arbeitsmedizin am Schreibtisch

Der Fachbereich Arbeitsmedizin widmet sich der Eignung und Tauglichkeit von Menschen in bestimmten Berufsbereichen sowie der Vermeidung gesundheitlicher Probleme am Arbeitsplatz. Neben der Durchführung von Untersuchungen zur Einstellung oder anderen spezifischen Anlässen steht die Durchführung arbeitsmedizinischer Vorsorgen, früher auch G-Untersuchungen genannt, im Vordergrund. Der präventive Charakter des Fachgebiets zeigt sich im betrieblichen Gesundheitsmanagement, der ergonomischen Gestaltung von Arbeitsplätzen sowie der Sensibilisierung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern.


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Der Fachbereich Arbeitsmedizin und das moderne Berufsleben

Das körperliche und seelische Wohlbefinden beeinflusst nicht nur das Privatleben eines Menschen. Auch Arbeitgeber profitieren von motivierten und gesunden Arbeitskräften, die ohne häufige Ausfallzeiten und viele Krankheitstage zum wertvollen Teil des Unternehmens werden.

Leider bringen viele Arbeitsplätze gesundheitliche Risiken mit sich, die sich durch präventive Maßnahmen oder eine angepasste Gestaltung des Arbeitsplatzes reduzieren lassen.

Arbeitsmediziner sind hierfür der führende Ansprechpartner. In der Rolle als Betriebsarzt eines größeren Unternehmens oder als externer Facharzt befassen sie sich mit den Anforderungen und Gefahren diverser Arbeitsbereiche oder Unternehmen.

So bringt der körperlich harte Alltag in der industriellen Produktion andere Belastungen als eine Büroarbeit mit vielen Stunden sitzender Tätigkeit mit sich. Hier trägt der Fachmediziner durch Vorsorgekonzepte und Sensibilisierung aller Beteiligten zur Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz und einer besseren Gesundheit bei, von der sich beruflich und privat profitieren lässt


Ergonomie am Arbeitsplatz

Probleme mit Rücken, Knien und Gelenken kennen Millionen Erwerbstätige hierzulande. Oft sind diese Schmerzen Folgen von Fehlstellungen, die über Jahre hinweg schleichend durch die gleichen Tätigkeiten wie dem gekrümmten Sitzen vor dem Bildschirm entstehen. Arbeitsmediziner nehmen eine fachkundige Überprüfung der Arbeitsplatzgestaltung vor und erkennen, ob diese ergonomisch der natürlichen Anatomie des Menschen entsprechen.

Eignungs- und Tauglichkeitsuntersuchungen im Fachbereich Arbeitsmedizin

In einigen Berufen muss eine körperliche, geistige oder persönliche Eignung vorliegen, um den Arbeitsanforderungen sicher und verlässlich nachgehen zu können. Arbeitsmediziner nehmen mittels Eignungs- und Tauglichkeitsuntersuchungen eine fachkundige Bewertung aus medizinischer Perspektive vor. Als Betriebsärzte sind sie hierbei mit den konkreten und speziellen Anforderungen einzelner Berufsbilder vertraut. Andere Fachmediziner sind generalistisch aufgestellt und nehmen eine Bewertung in allen Arbeitsfeldern je nach individueller Beauftragung vor.

Auch anlassbezogene Untersuchungen, oft an die Rechtsvorschriften bestimmter Branchen gekoppelt, führen Arbeitsmediziner als Experten durch. Dies können Vorsorgeuntersuchungen sein, die in regelmäßigen Abständen stattfinden und mögliche Auswirkungen der Berufstätigkeit auf die Gesundheit der Arbeitskraft aufdecken sollen. Funktionelle Erkrankungen einzelner Organe werden hierbei nach erprobten und innovativen Verfahren durchgeführt.


Einige arbeitsmedizinische Untersuchungsmethoden im Überblick

Patient auf einem Ergometer bei einer arbeitsmedizinischen Untersuchung

Umfassender Medizinbedarf für alle Arbeitsmediziner wichtig

Durch die Vielseitigkeit des Berufsbildes und das große Spektrum an Eignungs- und Tauglichkeitsuntersuchungen sind Arbeitsmediziner auf eine umfassende Ausstattung an Arztbedarf und Hilfsmitteln angewiesen. Diese umfasst je nach Unternehmen und Arbeitsrisiken den Arztbedarf eines Allgemeinmediziners, ergänzt um spezifische Geräte und Hilfsmittel für spezielle Untersuchungen. Eine stetige Anpassung ist notwendig, beispielsweise durch die Einführung neuer Berufsbilder oder die fortschreitende Digitalisierung vieler Arbeitsplätze.


EKG und Belastungs-EKG

Die Überprüfung des Herz-Kreislauf-Systems im Ruhezustand und unter Belastung gehört zu den häufigsten Untersuchungen in diversen Berufsbranchen. Gerade im steigenden Alter kann eine zu starke körperliche Belastung weitreichende Folgen mit sich bringen. Auch Bluthochdruck als Zeichen für ein permanentes Stressgefühl am Arbeitsplatz können begleitend zum EKG aufgedeckt werden.


Blutdruckmessung

Der Blutdruck kann ein Hinweis auf die allgemeine Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems geben und kann helfen, Krankheiten wie Bluthochdruck (Hypertonie) oder niedrigen Blutdruck (Hypotonie) zu diagnostizieren. Eine Langzeit-Blutdruck-Messung kann helfen, Blutdruckspitzen und Schwankungen zu identifizieren, die bei einer einzelnen Messung möglicherweise nicht erfasst werden können. Auf diese Weise kann eine bessere Einschätzung des tatsächlichen Blutdrucks vorgenommen und eine gezielte Therapie eingeleitet werden.


Langzeit-EKG

Eine Langzeit-EKG-Messung wird durchgeführt, um Abweichungen im Herzrhythmus über einen längeren Zeitraum zu erfassen und zu analysieren. Es handelt sich dabei um eine kontinuierliche Aufzeichnung der elektrischen Aktivität des Herzens über einen Zeitraum von meist 24 Stunden.


Spirometrie

Im Umgang mit Chemikalien und weiteren Gefahrstoffen besteht das Risiko, diese über Monate und Jahre hinweg über die Atemluft aufzunehmen. Inwieweit das Tragen einer Atemschutzmaske und weitere Präventionsmaßnahmen die Arbeitskraft schützen, erfolgt im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitsmediziner oder Betriebsarzt. Durch regelmäßige Lungenfunktionstests lassen sich frühzeitig Atembeschwerden, ein erhöhtes Risiko auf Lungenkrebs oder anderer bronchialer Erkrankungen des Körpers aufdecken.


Seh- und Hörtest

Der Seh- und Hörtest gehört bei Arbeitsmedizinern zu den Standarduntersuchungen in nahezu jeder Branche. Nur durch die regelmäßige Überprüfung der wichtigen Sinnesorgane kann eine schleichende Erkrankung oder Verschlechterung der Seh- und Hörfähigkeit, zum Beispiel durch ein zu lautes Arbeitsumfeld oder Überbelastung der Augen, aufgedeckt werden. Neben der Durchführung von Seh- und Hörtests ist der Arbeitsmediziner der richtige Ansprechpartner, um präventiv geeignete Schutzmaßnahmen für eine sichere Arbeitsumgebung ohne Folgen für Augen und Ohren zu schaffen.


Blut- und Antikörpertest

Speziell bei Eignungs- und Einstellungsuntersuchungen steht der allgemeine Gesundheitszustand des Bewerbers im Vordergrund. Mit der Durchführung von Antikörpertests oder einem generellen Blutbild lässt sich mehr über den gesundheitlichen Zustand, versteckte Entzündungen oder Erkrankungen innerer Organe aussagen. Indirekt lassen sich aus diesen Tests Aussagen über private Lebensgewohnheiten wie wenig sportliche Bewegung oder einen erhöhten Alkoholkonsum oder Drogenmissbrauch herleiten. Dies sind neben der beruflichen Qualifikation wichtige Indikatoren, um die Eignung für einen bestimmten Arbeitsplatz aufzuweisen.


G-Untersuchungen und ihre Nachfolger

Viele Arbeitgeber und Angestellte kennen die Bezeichnung der G-Untersuchung. Das “G” steht für die Grundsätze, die von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge am Arbeitsplatz festgelegt wurden. Eine Rechtsgrundlage bilden diese G-Untersuchungen mittlerweile nicht mehr, stellen für alle Fachärzte der Arbeitsmedizin jedoch weiterhin eine wertvolle Leitlinie dar.

Bisher wurden die arbeitsmedizinischen Untersuchungen als DGUV-Grundsätze “G-Untersuchungen” bezeichnet (G1 bis G46). Diese Grundsätze wurden durch DGUV-Empfehlungen ersetzt, beinhalten jedoch die gleichen Gefährdungsfaktoren, teilweise in umformulierter Form. Die Empfehlungen besitzen keine Rechtsverbindlichkeit und lassen dadurch den behandelnden Betriebsmedizinern einen größeren Spielraum, die Untersuchungen individuell zu gestalten.

In der Regel beinhaltet jede Untersuchung ein ärztliches Gespräch, eine Beratung und eine zielgerichtete Diagnostik, zum Teil mit Hilfe von bildgebenden Verfahren, laborchemischen Untersuchungen und apparativer Diagnostik. Meist werden die Untersuchungen 3-jährig aufgefrischt.

Bezeichnung | Gefährdungsfaktor – G1 bis G22

  • G.1.1 Silikogener Staub
  • G1.2 Asbestfaserhaltiger Staub
  • G1.3 Künstliche mineralischer Staub der Kat 1 oder 2
  • G1.4 Allgemeiner Staub
  • G2 Blei oder seine verbindungen
  • G3 Bleialkyle
  • G4 Gefahrstoffe, die Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautveränderungen hervorrufen
  • G5 Glykoldinitrat oder Glycerinnitrat
  • G6 Schwefelkohlenstoff
  • G7 Kohlenmonoxid
  • G8 Benzol
  • G9 Quecksilber oder seine Verbindungen
  • G10 Methanol
  • G11 Schwefelwasserstoff
  • G12 Phosphor (weiß) #
  • G13 Tetrachlormethan (Tetrachlorkohlenstoff)
  • G14 Trichlorethen (Trichlorethylen)
  • G15 Chrom-VI-Verbindungen
  • G16 Arsen oder seine Verbindungen
  • G17 Tetrachlorethen
  • G18 1,1,2,2-Tetrachlorethan oder Perchlorethan
  • G19 Dimethylformamid
  • G20 Lärm
  • G21 Kälte
  • G22 Säureschäden der Zähne

Bezeichnung | Gefährdungsfaktor – G23 bis G46

  • G23 obstruktive Atemwegserkrankungen
  • G24 Hauterkrankungen (mit Ausnahme von Hautkrebs)
  • G25 Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten
  • G26 Atemschutzgeräte
  • G27 Isocyanate
  • G28 Monochlormethan (Chlormehan, Methylchlorid)
  • G29 Xylol / Toluol
  • G30 Hitze
  • G31 Überdruck
  • G32 Cadmium und seine Verbindungen
  • G33 Aromatische Nitro- und Aminoverbindungen
  • G34 Fluor und seine anorganische Verbindungen
  • G35 Arbeitsaufenthalt im Ausland unter besonderen klimatischen und gesundheitlichen Belastungen
  • G36 Vinylchlorid
  • G37 Bildschirmarbeit
  • G38 Nickelstäube
  • G39 Schweißrauche
  • G40 Krebserzeugende und Erbgutverändernde Gefahrstoffe
  • G41 Absturzgefahren
  • G42 Infektionsgefahren
  • G43 Biotechnologie
  • G44 Hartholzstäube
  • G45 Styrol
  • G46 Belastungen des Muskel- und Skelettapparates einschl. Vibrationen

Vorsorgeuntersuchungen und Pflichtvorsorgen im Fachbereich Arbeitsmedizin

Arbeitsmediziner verabschiedet Patient nach Vorsorgeuntersuchung
Seit 2008 leitet sich die verbindliche Rechtsvorschrift aus der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge her. Die hieraus herzuleitenden Schutzmaßnahmen sind vom Arbeitsmediziner auf das jeweilige Arbeitsumfeld abzustimmen. Als Facharzt hat er die Notwendigkeit zu erkennen, wann eine Beratung betroffener Mitarbeiter des Betriebs nötig ist und in welchen Phasen Vorsorgeuntersuchungen durchzuführen sind. Neben Pflichtvorsorgen, die durch den Arbeitgeber veranlasst werden, ist der Arbeitsmediziner ein vertrauensvoller Ansprechpartner für die sogenannten Angebots- und Wunschvorsorgen. Mit diesen können Mitarbeiter aus eigener Initiative heraus mehr über das Zusammenspiel von Arbeit und Gesundheit erfahren. Arbeitsmediziner beraten hier fachkundig und individuell, mit entsprechender Verschwiegenheit gegenüber dem Arbeitgeber.

Experte für das betriebliche Gesundheitsmanagement

Jedes Unternehmen hat ein Interesse an gesunden und leistungsfähigen Mitarbeitern. Ein Arbeitgeber mit zu geringen, gesundheitlichen Engagement riskiert nicht nur die Gesundheit seiner Mitarbeiter. Auch die öffentliche Wahrnehmung leidet, genauso wie die Suche nach qualifizierten Fachkräften in der Zukunft. Immer mehr Firmen aller Branchen nehmen deshalb das betriebliche Gesundheitsmanagement ernst. Der Betriebsarzt ist hierfür die zentrale Fachkraft, die mit einer umfassenden Analyse aller Arbeitsplätze des Unternehmens strategische Konzepte erarbeitet. Hierzu gehören präventive Behandlungen und Maßnahmen, die sich in eine primäre und sekundäre Prävention aufteilen lassen:

Maßnahmen der primären Prävention

  • Ergonomische Ausstattung der Arbeitsplätze
  • Verhaltensprävention, speziell im Bereich Sicherheit
  • Gefährdungsbeurteilung und Aufklärung bzgl. Stress und psychischer Belastung
  • Auswertung von Lärm-, Klima- oder Lichtmessungen mit Herleitung von Schutzmaßnahmen
  • Organisation der Erste-Hilfe-Planung im Unternehmen
  • Strategieplanung für den Umgang mit Pandemien im Betrieb

Maßnahmen der sekundären Prävention

  • Untersuchungen zur Früherkennung von Risikofaktoren
  • Unterstützung der betrieblichen oder arbeitsplatzbezogenen Rehabilitation
  • Umgestaltung von Arbeitsplätzen, z. B. bei chronischen Erkrankungen
  • Allumfassende Beratung zur Arbeitsplatzgestaltung

Die Ausbildung zum Arbeitsmediziner

Die Ausbildung zum Arbeitsmediziner ist eine Facharztausbildung, die im Anschluss an das allgemeine Medizinstudium (ca. 6 Jahre) erfolgt. Die Facharztausbildung zum Arbeitsmediziner dauert in der Regel mindestens 5 Jahre und beinhaltet sowohl theoretische als auch praktische Elemente.

Die Weiterbildung zum Arbeitsmediziner setzt sich aus verschiedenen Modulen zusammen, die sich auf verschiedene Aspekte der Arbeitsmedizin konzentrieren. Dazu gehören beispielsweise Arbeits- und Gesundheitsschutz, arbeitsmedizinische Diagnostik und Therapie, Rehabilitation, Prävention und Hygiene.

Während der Ausbildung absolvieren angehende Arbeitsmediziner in der Regel praktische Einsätze in verschiedenen Einrichtungen, wie z.B. Betriebsärztlichen Diensten, Gewerbeaufsichtsämtern oder Unfallversicherungsträgern.


Spezialisierung in der Arbeitsmedizin

Ein Arbeitsmediziner kann sich auch nach seiner abgeschlossenen Facharztausbildung noch weiter spezialisieren, um seine Fähigkeiten und Kenntnisse in einem bestimmten Bereich der Arbeitsmedizin zu vertiefen.

Arbeitspsychologie
Arbeitsmediziner mit dieser Spezialisierung haben ein tiefes Verständnis für die psychischen Auswirkungen der Arbeit auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie helfen Arbeitgebern, Strategien zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und zur Unterstützung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit psychischen Erkrankungen zu entwickeln.

Umweltmedizin
Arbeitsmediziner mit dieser Spezialisierung befassen sich mit den Auswirkungen der Umwelt auf die Gesundheit am Arbeitsplatz. Sie helfen Arbeitgebern, Risiken im Zusammenhang mit Chemikalien, Strahlung und anderen Umweltfaktoren zu bewerten und zu minimieren.

Verkehrsmedizin
Arbeitsmediziner mit dieser Spezialisierung befassen sich mit den gesundheitlichen Anforderungen an Fahrerinnen und Fahrer im Straßenverkehr. Sie helfen Unternehmen, ihre Verkehrssicherheitsprogramme zu entwickeln und umzusetzen.

Arbeits- und Organisationspsychologie
Arbeitsmediziner mit dieser Spezialisierung befassen sich mit der Optimierung von Arbeitsprozessen und -strukturen sowie mit der Förderung der Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Flugmedizin
Mediziner mit der speziellen Weiterbildung in der Flugmedizin werden auch als Fliegerarzt bezeichnet und sind für die besonderen Eignungsuntersuchungen in der Luft- und Raumfahrt zuständig.